08.07.2020
Vertrieb heißt, Menschen vertreiben – jedenfalls bei den Kirchen

Vertrieb heißt, Menschen vertreiben – jedenfalls bei den Kirchen

Mit diesem Negativrekord haben selbst die deutschen Kirchen, die hinsichtlich Mitgliederzahlen eigentlich gar nichts mehr schockieren kann, nicht gerechnet: Mehr als eine halbe Million Mitglieder haben 2019 den beiden Kirchen in Deutschland den Rücken gekehrt. 

„Lasst und Menschenfischer sein“, sagte noch Vertriebschef Jesus Christus vor 2000 Jahren. Das ist lange her. 

Der Aderlass der Kirchen bei den Mitgliedern ist genau so wie der der SPD an der Wahlurne. Beide machen keine Politik oder Kirche für Kunden, sondern nur für das Wohlbefinden von Funktionären. 

Was katholische und evangelische Kirche angeht, gefallen sich beide darin, sich für Dinge zuständig zu fühlen, für die sie überhaupt nicht zuständig sind und sich primär für die Leute interessant zu machen, die ohnehin nichts mit der Kirche am Hut haben. Genau das Gegenteil der Marketingstrategie von Donald Trump, die ich gerade im CICERO beschrieben habe (https://www.cicero.de/aussenpolitik/donald-trump-marke-usa-praesident-wahlen-2020-erfolg-amerika

  • Positionspapiere zum Klimawandel? Kriege ich bei Greenpeace, dem Potsdam Institut für Klimaforschung oder den Grünen, dazu brauche ich keine Kirche. 
  • Nachplappern des politischen Mainstreams, den wir auch allezeit in Talkshows hören? Höre ich bei den Parteien. Vor allem war Kirchengründer Jesus eigentlich keiner, der sich sonderlich gut mit der Obrigkeit verstand und ihr nach dem Mund redete.
  • Abenteuerliche Ideen, wie eigene Seerettungsschiffe auf See zu schicken? Können Seawatch & Co besser. 

Was die Kirche sicher besser kann, ist Seelsorge, Glaube, Verankerung, Zugehörigkeit und Zuversicht zu verbreiten. Genau das tut sie aber immer weniger, je mehr Leute ihr den Rücken kehren. Das hier eine klassische negative Korrelation vorherrscht, sollte man auch ohne Statistikstudium merken. Hier gilt aber: Schlimmer geht immer. Je mehr Leute gehen, desto mehr fahren sich die Kirchen in ihrer „Möglichst weit weg vom Markenkern-Strategie“ fest. Und es gehen nochmal mehr Leute. Vertrieb scheint für die beiden obersten Mitglieder-Verscheucher Marx und Bedford Strom zu heißen, möglichst keine Produkte, sondern die Kunden zu vertreiben. 

In jedem Unternehmen wären derart desaströse Kundenzahlen Grund genug, beide Marketing-Amokläufer in die Wüste zu schicken. Dass dies bei den Kirchen auch nicht geschieht, ist noch einmal Ausdruck ihres Versagens. 

Folgen Sie Veit Etzold: