06.01.2020
Bullshitbingo und Fairytelling – Teil 1: „Purpose“

Bullshitbingo und Fairytelling – Teil 1: „Purpose“

Kennt ihr das auch? Es werden oft Worte erfunden, die eigentlich etwas vollkommen selbstverständliches darstellen sollen, bei denen aber so getan wird, als wäre es etwas ganz tolles und neues. Es sind einige Worte, die ich im Laufe des Jahres 2019 sehr oft gehört habe. Einige davon wollen wir uns heute anschauen. Wort eins: PURPOSE. 

Gute Produkte zu machen und Geld verdienen reicht heute nicht mehr. Alle Unternehmen müssen „Purpose“ haben, der Chef legt die Krawatte ab, duzt alle und ist mehr auf Instagram als in seinem Unternehmen. 

Dass Arbeit sinnvoll sein muss, wird niemand bezweifeln. Stress entsteht nicht primär durch zu viel Arbeit, sondern durch zu wenig Sinn in der Arbeit. Leider gibt es definitiv viel zu viele sinnentleerte Jobs. 

Aber manchmal müssen Unternehmen auch einfach erst einmal nur Geld verdienen, damit sie dann überhaupt andere Dinge machen können. Oder würden Mitarbeiter lieber bei Firmen arbeiten, die Verluste machen oder Insolvenz anmelden, aber dafür immer „purposevoll“ waren? Vor kurzem haben sogar einige Chefs von US Großunternehmen dem Shareholder Value abgeschworen und sich stattdessen nur noch auf „Purpose“ eingschworen. Ob das die großen Pensionsfonds überzeugt, von deren Rendite auf die Aktien ebendieser Unternehmen die Altersvorsorge von Millionen von Amerikanern abhängt?

Ein besonderes Beispiel für „Purpose“ war Daimler Chef Dieter Zetsche in seinen späten Jahren. Während er nach seinem Antritt 2005 einen super Job gemacht und Daimler nach der vermurksten Fusion mit Chrysler vor dem Untergang bewahrt hat, wurde es auf seine späten Jahre hin doch arg symbolisch: Krawatte weg, Sneakers an und Purpose voll aufgedreht. Sein Nachfolger Ola Källenius darf jetzt Großreinemachen betreiben: Veraltete Produktereihen geradebiegen, Gewinnwarnungen verkünden, auf Kürzungen einstimmen und ein Elektroauto vertreten, von dem alle sagen, dass es keine Konkurrenz zu Tesla ist. 

„The business of business is business“, sagte nicht nur Milton Friedman, der immer schon Sozialismus witterte, sobald sich Firmen zu stark vom Gewinn verabschieden, sondern auch Alfred Sloan, einer der ersten Manager von General Motors. 

Damit sind wir wieder bei einer guten Story: Wie in einer Geschichte der Held den Schurken besiegt, muss ein gutes Produkt das Problem eines Kunden lösen. Wer Produkte herstellt, die dem Kunden den Tag verbessern, fühlt normalerweise auch Purpose in seiner Arbeit, ohne dass der Chef das Thema ständig in Sneakers und ohne Krawatte, alle Menschen duzend, auf 1000 TED Talks verbreitet. Und Gewinne macht ein solches Unternehmen meist auch. 

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