17.07.2025
Die innere (Bullshit) Story der SPD: Warum Politik und Unternehmen an sich selbst scheitern können

Die innere (Bullshit) Story der SPD: Warum Politik und Unternehmen an sich selbst scheitern können

Einleitung In Coachings mit Führungskräften und Unternehmen zeigt sich mir immer wieder: Kommunikation nach außen funktioniert nur dann, wenn sie im Inneren verankert ist. Die beste PR nützt nichts, wenn sie nicht zur Haltung passt. Denn hinter jedem Handeln – ob im Vorstand oder im politischen Betrieb – steht eine innere Story. Diese Geschichten, die wir uns selbst erzählen, sind mächtiger als viele glauben. Sie beruhigen kurzfristig, geben Orientierung – aber sie können auch sabotieren. Denn eines haben alle Storys gemeinsam: Sie sind hochwirksam und glaubwürdig – leider nicht nur die positiven, sondern auch gerade die negativen, die uns aufhalten und blockieren.

Innere Bullshit-Storys – die unsichtbare Steuerzentrale Viele Menschen folgen unbewusst einer inneren Story wie: „Wenn ich diesen inneren Zwang nicht erfülle, geht alles schief.“ Diese Denkweise schafft Sicherheit – ist aber oft irrational. Im Coaching nenne ich das eine Bullshit-Story. Sie wirkt plausibel, ist aber nicht hilfreich. Und das gilt nicht nur für Einzelpersonen: Auch Organisationen und politische Parteien tappen in dieselbe Falle.

Beispiel SPD: Umverteilung als Rettungsanker Ein aktuelles Beispiel liefert die SPD. Ihre innere Story scheint zu sein: „Wir verlieren Wähler – also müssen wir, wenn wir nicht noch mehr Wähler verlieren wollen,  noch mehr Sozialausgaben versprechen.“ Diese Reaktion mag logisch erscheinen, verkennt aber die Realität: Je stärker umverteilt wird, desto ungerechter empfinden viele Leistungsträger – und dabei auch „normale“ Arbeiter – das System. Das Ergebnis: Kein Stimmenzuwachs für die SPD, sondern Zulauf für die AfD. Die SPD folgt einer gut gemeinten, aber nicht wirksamen Story. Anstatt sich den Ursachen der eigenen Entfremdung von der Mitte zu stellen, flüchtet sie in altbewährte Muster. Die Folge: Verlust an Glaubwürdigkeit.

Machtreflex statt Selbstreflexion Noch kritischer wird es, wenn diese innere Story in politische Machtstrategien mündet. Der Vorschlag, eine Verfassungsrichterin zu benennen, um die AfD verbieten zu lassen, wirkt wie ein letztes Aufbäumen. Was plump erscheint, war Friedrich Merz nicht plump genug, denn es brauchte erst den Aufstand der CDU Basis, um die Wahl zu blockieren. Doch wer beginnt, politische Gegner juristisch aus dem Spiel nehmen zu wollen, untergräbt demokratische Grundprinzipien. Heute trifft es die einen – morgen vielleicht die eigene Partei. Statt sich neu aufzustellen, versucht man, die Spielregeln zu ändern. Eine klassische Vermeidungsstrategie – gesteuert von der inneren Story: „Wenn wir die anderen nicht stoppen, gehen wir unter.“

CDU: Die Leerstelle der Mitte Auch die CDU zeigt Symptome innerer Orientierungslosigkeit. Friedrich Merz hätte klar sagen können: „SPD, du hast dich vom Markenkern entfernt – komm zurück zu den Arbeitern.“Stattdessen bleibt es still. Die CDU kommuniziert allerdings selbst keine klare Story, sie lässt ein Vakuum entstehen. Und dieses Vakuum wird gefüllt – nicht von der politischen Mitte, sondern von extremen Rändern. Wer die Leistungsträger im Land ignoriert, verliert deren Vertrauen. Und sorgt dafür, dass noch mehr Menschen auswandern. Es ist eine harte, aber traurige Wahrheit: Wer nicht die eigene Story kennt, wird von fremden Storys überrollt.

Was Unternehmen daraus lernen können Auch in der Wirtschaft gilt: Die Story, die ich nach außen kommuniziere – Innovation, Wandel, Agilität – wird nur dann glaubwürdig, wenn sie mit der inneren Haltung übereinstimmt. Wenn im Unternehmen ein Klima der Angst herrscht, aber auf LinkedIn von „New Work“ gesprochen wird, kippt die gesamte Kommunikation. Denn Menschen spüren sofort, ob Worte und Haltung zusammenpassen.

Fazit: Glaubwürdigkeit beginnt innen – in Politik und Wirtschaft Wer nach außen glänzen will, muss innen aufräumen. “Außen hui, innen pfui“ hat schon meiner Großmutter nicht gefallen. Egal ob Partei oder Konzern – ohne ehrliche Innenschau bleibt jede Botschaft Fassade. Weniger Show, mehr Substanz. Weniger Machtspiel, mehr Haltung. Die neue Führungsaufgabe heißt: Erst die eigene Bullshit-Story knacken – dann den Mund aufmachen.

Heute erschienen auf Focus Online: https://s.focus.de/b9eddbe542

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